Nach Texas

19.03.2003

Ein Blick aus der Tür verspricht, dass es wieder ein wunderschöner Tag werden wird. Trotzdem ist Klaus der Meinung, es sei klüger, die Regenkombis überzuziehen. Als wir dann wenig später Alamogordo verlassen und die ersten Serpentinen der Sacramento Mountains umrunden, kommen uns immer wieder schneebedeckte Autos entgegen. Ob die daher kommen, wo wir hin wollen? Tatsächlich, schon nach wenigen Metern sind wir in den Wolken und es beginnt zu schneienWildrich Weltreise Wintereinbruch in Neu Mexiko später habe ich noch Schnee in Oklahoma und Kanada. Igit!.

Mit verminderter Geschwindigkeit geht es immer höher in die Berge. Das Schneetreiben nimmt sogar noch zu und als wir den Ort Cloudcroft erreichen, fahren wir auf einer geschlossenen Schneedecke. Wann das wohl wieder aufhört? Es geht weiter in den Ort Mayhill und jetzt ändert sich das Wetter. War es eben noch dunkel und hat es geschneit, so haben wir jetzt wieder blauen Himmel. Langsam fahren wir aus dem Schnee heraus.  Als wir die Ortschaft Elk erreichen, halten wir an einer kleinen Tankstelle, um einen Kaffee zu trinken und uns aufzuwärmen. Gleich neben der Tankstelle ist ein kleines Postamt. Klaus geht hinein, um die in Mexiko erworbenen Cowboystiefel nach Deutschland zu schicken.

Der Highway 82 zwischen Alamogordo und Artesia erinnert mich an die europäischen Alpen. Unterhalb der Schneegrenze weiden Kühe entlang der Straße. Wir folgen einem kleinen Fluss, an dessen Ufer wilde Blumen blühen

Gegen Mittag erreichen wir südlich von Artesia den "Carlsbad Caverns Nationalpark". Es handelt sich hierbei um ein weit verzweigtes Höhlensystem im Lincoln National Forest. Über einen gut angelegten Asphaltpfad gelangt man in die erste große, beleuchtete Höhle und kann in der angenehm kühlen Luft eine ausgedehnte Wanderung machen. Nach etwa zwei Stunden haben wir eine Menge schöner Steinformationen gesehen und gelangen über eine Aufzugsanlage wieder an das Tageslicht.

Über den Highway 62 verlassen wir Neu-Mexiko und gelangen wieder nach Texas, wo wir hinter Pine Springs auf die 54 abbiegen. Diese nur selten befahrene Straße führt in südlicher Richtung zwischen den Bergen der Sierra Diabolo und den Deleware Mountains. Auf einer Strecke von 55 Meilen haben wir kein Gegenverkehr und sehen weder ein Haus noch einen Briefkasten. Wildrich Weltreise unterwegs in Neu Mexiko

Van Horn, Texas, hat eine große Auswahl an Campingplätzen und Motels. Letztere sind so preiswert das es sich wieder einmal nicht lohnt, die Zelte aufzubauen. Wir bleiben im "Country Inn Motel" für 24 Dollar. Es war das preiswerteste Zimmer, das wir gefunden haben und leider sieht es dementsprechend dann auch aus. Unter meinem Bett (ich weiß, man soll nicht unters Bett schauen.....) finde ich ein halb aufgegessenes Sandwich und im Badezimmer gibt es Schimmelpilze, so groß wie meine Handfläche.

Unsere Vermieterin, eine kleine, vielleicht achtzigjährige Dame, ist offensichtlich hoffnungslos überfordert und auch ein bisschen verwirrt. Allerdings ist sie sehr freundlich und gibt uns Tipps für den Abend sowie den nächsten Tag.

Ganz in der Nähe des Motels ist ein Autowaschplatz. Dort befreien wir unsere Motorräder noch am Abend von dem Dreck, den sie in den Bergen und im Schnee aufgenommen haben.

Auch heute Abend gehen wir wieder mexikanisch essen. Gleich auf der anderen Seite der Straße gibt es ein kleines Restaurant mit Neon-Reklame. Das Essen ist wirklich sehr gut, nur der Appetit wird mir nur durch die Ankündigung im Fernsehen verdorben, dass die USA heute in Irak einmarschiert sind. Es herrscht also wirklich Krieg.Wildrich Weltreise das grüne Zeug reinigt gründlich, und das Moped richt dann auch noch gut nach Minze!

Hier in Texas wird diese Nachricht mit Genugtuung aufgenommen, ist doch der amerikanische Präsident George Bush Texaner.

Als wir spät am Abend im Bett liegen, hörten wir die Güterzüge, die auf einer Bahnlinie direkt hinter dem Motel fahren. Es dauert lange, bis ein solcher Zug durch ist -  und es gibt viele davon in dieser Nacht.Wildrich Weltreise Van Horn. Leider haben wir nicht bemerkt, das hinter dem Motel eine Eisenbahnlinie liegt

20.03.2003

Morgens um 7:30 fahre ich zur Tankstelle, um einen Kaffee und eine Zeitung zu kaufen. Der Krieg ist auch hier das Thema des Tages. Wie sollte es auch anders sein. Schon in den letzten Tagen ist uns aufgefallen, wie viele amerikanische Flaggen wir sehen. Sie gehören zum Straßenbild in dieser Zeit und hängen in Fenstern und an Autos.

In Texas entdecken wir zum ersten Mal die Supermarktkette "Dollar General". Eigentlich ein Ramschladen, ist er aber für uns Motorradfahrer ein Paradies. Nur selten ist es in Amerika möglich, Lebensmittel in kleinen Mengen zu kaufen,  hier geht das. So versorgen wir uns mit Dosen von Chili und Suppen sowie mit Getränken und Süßigkeiten.

Die Sonne steht besonders steil am Himmel, als wir uns schließlich auf den Weg aus der Stadt machen. Texas meint es gut mit uns, es gibt wieder Schäfchenwolken. Hier, im Westen Amerikas, sind die einzelnen Ortschaften weit voneinander entfernt. Von Van Horn bis zum nächsten Ort Marfa sind es 74 Meilen, was circa 130 Kilometer sind. Auch heute fahren wir wieder entlang eines beeindruckenden Gebirgszuges. Diesmal sind es die Eagle Mountains und tatsächliche sehen wir einige Adler.

Auf halber Strecke biegen wir auf den kleinen Highway 505 ab, vermutlich früher bedeutender als jetzt. Heute erinnert nur noch eine verlassene Tankstelle daran, dass hier jemals mehr Verkehr war. Seit dem Bau der Interstate halten viele kleine Ortschaften in Amerika einen Dornröschenschlaf und warten darauf, wieder entdeckt zu werden. Das funktioniert auch schon zum Teil, wie man an der Route-66-Hysterie der letzten Jahre erkennen kann.Wildrich Weltreise Rast in Texas

In Fort Davis machen wir halt und besuchen das dortige Museum, das tatsächlich in einem alten Fort untergebracht ist. Die liebevoll restaurierten Häuser geben einen guten Eindruck davon, wie das Leben vor 150 Jahren hier ausgesehen haben mag. Täglich gibt es einen Appell - und manchmal wird sogar eine Kanone abgeschossen.

Nun geht es wieder in Richtung der mexikanischen Grenze auf dem Highway 67. In Marfa halten wir an und erfrischen uns in einem Restaurant der Kette "Dairy Queen", deren Reklame wir hier in Texas oft gesehen haben. Es sind kleinere Imbisse, die gereicht werden, bekannt sind sie aber für gutes amerikanisches Softeiskrem.

Im kleinen Grenzstädtchen Presidio tanken wir auf. Wir wollen nun über die 170 in den "Big Bend Nationalpark". Die Straße dorthin (etwa 100 Kilometer) führt entlang des Rio Grande, auf dessen anderer Seite wir ja schon in Mexiko waren. Enge Kurven, wir klettern kleine Hügel hoch und runter. Wir haben eine Menge Spaß daran, unseren Motorrädern hier die Sporen zu geben. Später werden wir sagen, dass dies eine der schönsten Straßen unserer Reise war.

Am Eingang zum Big Bend Nationalpark erzählt man uns, dass es schwierig sein wird, noch einen Zeltplatz zu ergattern. Leider können wir nie einen reservieren und müssen es immer auf gut Glück versuchen. Der Park hat gewaltige Ausmaße, ist etwa 100 mal 100 Kilometer groß. Es gibt mehrere Campingplätze zur Auswahl. Die freundliche Parkwärterin fragt für uns nach und dirigiert uns zum abgelegenen Cottonwood-Campground. Diesen erreichen wir am späten Nachmittag. Der Platz liegt, umgeben von Cottonwood Bäumen, direkt am Rio Grande. Wir haben Glück und sogar noch die Auswahl, entscheiden uns schließlich für einen Platz zwischen einer Gruppe der wunderschönen großen Bäume.Wildrich Weltreise Texas, aber im Hintergrund schon Mexiko

Wir schaffen es gerade noch rechtzeitig, vor dem Sonnenuntergang die Zelte aufzubauen. Klaus legt wieder eine passende Country-Musik CD ein. Auch heute Abend gibt es wieder Chili und Bier. Wir fühlen uns schon wie echte Cowboys!

21.03.2003

Ich habe heute Nacht schlecht geschlafen und weiß auch, woran das liegt. Mein Schlafsack und auch die selbstaufblasbare Isomatte sind von bester Qualität, garantieren aber trotzdem keinen guten Schlaf. Ich bin es gewöhnt, auf einem Kopfkissen zu liegen und das Knäuel schmutziger Wäsche, das ich mir abends unter den Kopf klemme, ist kein guter Ersatz.

Die Sonne geht auf, und ich mache mich daran, heute mein Motorrad zu warten. Ich bin jetzt circa 5.000 km gefahren und so langsam fühle ich mich auf meiner Enduro vertraut und sicher. Bestimmt gibt es bessere Motorräder, schnellere und auch schönere, aber es geht mir so, wie vielen der Piloten, die ich kenne: Die beste Maschine ist immer die, welche man Wildrich Weltreise im Big Bend Parkgerade bedient.  Ich bin froh, die richtige Wahl getroffen zu haben.

Klaus hingegen braucht die größere BMW. Schon von seiner Körpergröße her steht ihm die GS sehr gut. Hinzu kommt, das er technikbesessen ist und so auch große Freude an den vielen Extras hat, die sein Motorrad bietet. Es handelt sich dabei um eine komplett ausgestattete BMW R 1150 GS Adventure, die er sich extra für diese Reise gekauft hat. Ich möchte gar nicht daran denken, was es ihn gekostet haben mag, die Maschine nach Amerika fliegen zu lassen. Aber er ist froh darüber, mit seinem eigenen Motorrad unterwegs zu sein und mir geht es genauso.

Ich freue mich darüber, heute nicht fahren zu müssen, kann die Ruhe nutzen, um mich zu entspannen und darüber nachzudenken, was ich in der letzten Tagen alles erlebt habe. Ich nehme dann mit einem Kassettenrekorder eine Botschaft an meine Eltern auf, die ich übermorgen zur Post bringen möchte. Schon seit vielen Jahren bespreche ich immer mal wieder eine  Kassette und lasse meine Eltern so Teil daran haben, was ich erlebe.

Am späten Vormittag machen wir uns auf den Weg, den Nationalpark zu erkunden. Wir fahren zur Panther Junction, wo es ein Besucherzentrum gibt und frühstücken dort. Auf dem Parkplatz des Restaurants fällt mir ein Auto mit seinem Aufkleber auf. Darauf steht "Make Peace, Not War". Ich frage mich, ob der Besitzer des Fahrzeuges ein übriggebliebener 68er ist. In jedem Fall ist die Botschaft aktuell und ich freue mich darüber, dass es auch zu Kriegszeiten Amerikaner gibt, die mutig genug sind, ihre Meinung kundzutun und gegen den Strom zu schwimmen.

Nach einem ausgedehnten Frühstück am Buffet wollen wir ein wenig wandern. Der "Lost Mine Trail“ bietet eine gute Gelegenheit dazu. Schon nach wenigen Minuten verschwinden wir im Unterholz und wandern entlang eines Bergsattels, von dem aus wir eine grandiose Sicht auf den Park haben. Laut der Beschreibung meines Reiseführers gibt es noch reichlich Wild hier im Park, sogar Bären und auch Pumas. Tatsächlich sehen wir keine großen Tiere, aber Dutzende von Adlern und andere Greifvögel.Wildrich Weltreise Cottonwood Campground im Big Bend Park

Die Landschaft des Nationalparks gehört zu den spektakulärsten, die ich je gesehen habe. Weit entfernt von großen Städten liegt der Park direkt an der Grenze zu Mexiko und am Rio Grande. Die Umgebung erinnert mich wieder an Cowboyfilme und ich bin überrascht, dass die bizarren Felsformationen und Berge, die ich aus zahlreichen Filmen kenne, auch wirklich existieren.

Nach unseren Spaziergang fahren wir auf wunderschönen kurvigen Straßen hinunter zum Rio Grande, der hier einen Canyon in die Berge geschnitten hat. Auch an dieser Stelle gibt es gut angelegte Wanderpfade, und so laufen wir im Schatten der Berge durch das enge Tal auf amerikanischer Seite. Ab und an sehen wir einen Grenzepolizisten. Das Wasser im Fluss ist so niedrig, dass anscheinend immer wieder Mexikaner versuchen, illegal in die USA kommen. Und tatsächlich wird uns auch von der anderen Flussseite her zugerufen.

Es ist heiß an diesem Tag. Wir beschließen, an der einzigen Tankstelle des Nationalparks eine kleine Rast einzulegen. Dort angekommen, parken wir neben einer schwarzen Aprilla Futura und kommen schnell mit deren Besitzer ins Gespräch. Rob Avery ist aus Florida hierher gefahren und möchte weiter über die kleine Straße nach Presidio, die uns gestern so gut gefallen hat. Wir verbringen eine ganze Menge Zeit zusammen, reden und erfahren so Einiges über die Südstaaten Amerikas. Rob hat die ganzen USA per Motorrad befahren, kennt sich aus und gibt gerne Tipps. Er schlägt vor, dass wir eine schnellere Route durch Texas nehmen und uns mehr Zeit für die Südstaaten lassen. Nicht nur seien die Menschen in Alabama und Louisiana sehr freundlich, es gebe dort auch eine abwechslungsreiche Kultur und die Landschaft sei sehr eigentümlich, mit sehenswerten Herrenhäusern, gepflegten Rosengärten und kleinen StädtenWildrich Weltreise Bergwelt im Big Bend Park.

Rob muss weiter, ist auf den Weg zu einem Motorradtreffen in Kalifornien und hat einen festen Zeitplan. Wir erfahren, dass er nicht viel von Geschwindigkeitsbegrenzung en hält und die über 100 PS seiner Italienerin voll auskostet. So bleibt uns nur, Adressen auszutauschen und uns gegenseitig eine gute Reise zu wünschen.

Am Abend erreichen wir bei stürmischem Wetter wieder unseren Zeltplatz. Wir haben eine neue Nachbarin, eine aus Bayern stammende Amerikanerin, die auch auf dem Weg von Florida nach Kalifornien ist. Sie hat über eBay ein Wohnmobil gekauft, das sie jetzt in ihre Heimatstadt San Francisco bringt.

Manchem mag es eintönig erscheinen -  es gibt heute schon wieder Chili und Bier. Aber uns schmeckt es und die Cowboys machen es ja auch nicht anders.Wildrich Weltreise der Rio Grande ist gar nicht so groß! Auf der anderen Seite ist Mexiko

Spät in der Nacht bekommen wir noch mal neue Nachbarn. Es handelt sich offensichtlich um eine Gruppe indischer Touristen, die mir mit ihren klappernden Tellern und lautem Gelächter den Schlaf rauben. Irgendwann halte ich es nicht mehr aus und schreie aus tiefstem Herzen "Shut Up!". Ich bin sehr überrascht, dass sie es tatsächlich tun. Die restlichen Nacht höre ich keinen Pieps mehr.

22.03.2003

Ich lege mich noch eine Weile hin, als Klaus sich gegen 9 Uhr auf den Weg macht. Er will heute einen Teil des Nationalparks besichtigen, der nur über einen schlechten Schotterweg zu erreichen ist. Ich bleibe im Camp.

Erst ziemlich spät komme ich in die Gänge. Anscheinend brauche ich wirklich Ruhe und so denke ich eine Weile darüber nach, was ich mit meiner Freizeit anfangen könnte. Schon seit Tagen zerbreche ich mir den Kopf darüber, wo ich an meinem Motorrad einen Notgroschen verstecken kann. Ich denke, heute ist ein guter Tag, dies zu tun. Als ich fertig bin, überprüfe ich noch die Kette und die Reifen. Es ist alles in bester Ordnung. Ich denke, dass ich noch

2.000 km aus meinem Hinterreifen herausholen kann.

Ich bin gut aufgelegt und beschließe, ohne Gepäck ein paar Runden durch die Berge zu drehen. Es gibt Tage, da läuft das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine besser als an anderen. Heute ist ein solcher Tag, und ich genieße jeden Augenblick.Wildrich Weltreise ein Bild fürs Album

Es sind nur wenige Besucher im Park. So habe ich reichlich Gelegenheit, ungestört viele Fotos zu machen und zu Fuß ein paar der Monumente zu besuchen, die gut ausgeschildert sind. Nach einem kurzen Mittagsschlaf fahre ich in das Städtchen Terlingua am Eingang des Parkes. Neben einem Bankautomaten liegt ein kleines mexikanisches Restaurant, in dem ich Mittag esse.

Ich beobachte, wie am Nachbartisch zwei junge Frauen gebannt auf die Nachrichtensendung im Fernsehen schauen. Ganz offensichtlich haben sie Angehörige in der US Army und sorgen sich über deren möglichen Einsatz in Irak.

Am späten Nachmittag kommt Klaus wieder zurück ins Camp. Er hat alles gut überstanden, obwohl ihm sein Motorrad einmal umgefallen und  dabei ein Fernscheinwerfer abgebrochen ist. Noch bis spät am Abend berichtet er von seinen Erlebnissen.  Wir betrachten wieder einmal einen traumhaft schönen Sternenhimmel.

Wildrich Weltreise23.03.2003

Schade, dass wir den Park heute verlassen müssen. Das ist der erste Gedanke, den ich fassen kann, nachdem ich aufwache. Ich habe heute Nacht sehr gut geschlafen. Zum einen sicherlich deshalb, weil die letzten Nächte nicht gerade entspannend waren, zum anderen deshalb, weil ich mein Zelt umgestellt habe. Mangels Kopfkissen habe ich mir gedacht, es sei ein Versuch wert, an einem Hang zu schlafen. So hatte ich den Kopf höher und wie es scheint, hat mir das gut getan.

Auch im Nachbarzelt regt sich jetzt was, Klaus ist wach. Bestimmt geben wir morgens ein schlimmes Bild ab. Völlig zerzaust, mit Zehntage-Bart und Motorradklamotten. Und es ist auch gar nicht so leicht, sich immer in Schuss zu halten. Hier auf dem Campingplatz gibt es leider keine Duschen und die Toiletten sind Plumpsklos, die nur einmal täglich sauber gemacht werden. Das ist  nichts für Warmduscher. Ich bin selber überrascht, dass ich so gut mit dem Mangel klar komme.Wildrich Weltreise zelten im Big Bend

Außerdem gibt es da auch immer noch Probleme mit dem Gepäck. Gerne würde man den ganzen Haushalt mitnehmen, aber wo soll man den auf einem Motorrad unterbringen? Klaus hat es ein wenig besser als ich. Sein großes Motorrad bietet Platz für drei Koffer, die insgesamt ca. 120 l Stauraum haben. Zusätzlich dazu hat er noch eine Gepäckrolle von 90 l auf seinem Rücksitz. So kann man schon recht komfortabel unterwegs sein.

Bei mir sind es 45 l weniger. Ich glaube, das ist genau der Platz, der mir fehlt..... So habe ich zwar das Notwendigste dabei, aber eben auch nicht mehr. Ich muss also improvisieren. Zum Beispiel habe ich festgestellt, dass man Shampoo-Konzentrat nicht nur nutzen kann, um sich zu duschen, sondern auch, um Geschirr zu spülen und Wäsche zu waschen.

Gegen 9 Uhr haben wir unsere Motorräder bepackt und machen uns auf den Weg Richtung Norden. Es fällt uns schwer, den Park zu verlassen, haben wir doch die Ruhe und Abgeschiedenheit hier sehr genossen. Jetzt geht es wieder in besiedelte Gebiete. Wir wollen heute versuchen, bis nach Wildrich WeltreiseSan Angelo zukommen. Das bedeutet eine Fahrt von über 500 km.

Unser Durchschnitt an Fahrtagen beträgt ungefähr 400 km. Für einen Auto-Reisenden sind solche Entfernungen kein Problem, aber auf einem Motorrad, den Elementen ausgesetzt, können sie für den Fahrer zu einer großen Belastung werden.

Erst nach über einer Stunde haben wir den nördlichen Ausgang erreicht und fahren auf dem Highway 385, entlang des ausgetrockneten Flussbettes des Maravillas Creek, bis nach Fort Stockton.

Die kleine Stadt existiert eigentlich nur, weil es hier eine Kreuzung zweier wichtiger Straßen gibt. Das war Grund genug, ein Dutzend Motels, Restaurants und Tankstellen zu bauen. In einem kleinen mexikanischen Restaurant essen wir. Es gibt Tacos mit Reis und gebratenen Bohnen.

Nach etwa 14 Meilen auf dem Freeway 10 verlassen wir diesen und fahren in nordwestlicher Richtung auf dem Highway 67 bis nach San Angelo. Die Landschaft hat sich heute schlagartig verändert. War es am Vormittag noch ein wüsten-ähnliches Hochplateau, so haben wir auf den letzten 200 km fruchtbares Farmland durchquert. Die Straße ist gerade, man kann bis zum Horizont sehen. Abwechslung bieten Hügel, die man ständig rauf und runter fährt. Rechts und links entlang der Straße liegen riesige Gemüsefarmen.  Wir sehen auch reichlich Obstbäume und wilde Blumen, die in Blüte stehen. Alles in allem ein sehr idyllisches Bild.

Vor San Angelo sucht Klaus über sein Navigationssystem einen Zeltplatz oder ein Motel. Wir machen aus, dass wir das nächstgelegene nehmen. Als wir in die Stadt einfahren, grüßt uns ein entgegenkommender Motorradpolizist auf seiner Harley.

Während der gesamten Reise (in meinem Fall immerhin 22.000 km) hatten wir nicht einmal Probleme mit den örtlichen Gesetzeshütern. Nicht, dass wir sie nicht gesehen hätten, die Polizeipräsenz ist sehr hoch,  aber Knöllchen waren einfach nicht Teil meines Budgets. So habe ich dann immer  versucht, innerhalb der vorgegebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen zu bleiben.

Nach 520 km erreichen wir schließlich ein kleines Motel und nehmen uns das preiswerteste Zimmer. Auf dem Parkplatz steht ein großer Truck. Der Fahrer verkauft seine Ladung Sofas direkt vom LKW, das Stück zu 300 Dollar. Ein wirklich guter Preis, aber leider ein wenig zu sperrig für uns.

Wir sind ziemlich geschafft von der anstrengenden Fahrt und gehen gleich nach einem Besuch bei Burger King ins Bett.

24.03.2003Wildrich Weltreise KLR 650

Es lohnt sich immer wieder, in Motels den Preis auszuhandeln. Zehn Prozent sind eigentlich immer drin, manchmal sogar ein Gratis-Frühstück. Das kann eine Tasse Kaffee mit ein paar Keksen sein oder aber auch ein kleines Buffet. Heute ist es eher die einfache Variante,  ich überrasche Klaus mit Frühstück im Bett.

Auch in San Angelo gibt es natürlich eine Bücherei mit gratis Internetanschluss. Direkt daneben ist "Bills Mans Shop", ein echter Cowboyausstatter und damit genau das Richtige für Klaus. Der freundliche Verkäufer wittert sicherlich ein gutes Geschäft und soll nicht enttäuscht werden. Nach etwa einer Stunde ist er rund 1.000 Dollar reicher und trägt unter seinem Schnurrbart ein freundliches Lächeln.

Dabei ist Klaus noch relativ preiswert weggekommen. Wir erfahren, dass reiche Rancher aus der Gegend ein- oder zweimal pro Jahr in den Laden kommen und sich komplett ausstatten. Ein guter Hut kann schon mal 5.000 Dollar kosten. Ein Paar Stiefel einen Tausender.

Klaus hat neben zwei preiswerten Hüten auch noch Stiefel, Jeans und Hemden erworben. Diese müssen nun per Luftfracht nach Deutschland, denn selbst auf seinem geräumigen Motorrad ist jetzt kein Platz mehr. Amerikanische Postämter machen in der Regel um 9:00 Uhr auf. Sie sind zuverlässig und preiswert. Ich habe meinen Eltern versprochen, aus jedem Staat eine Karte zu schicken.

Laut meinem Motorradhandbuch ist bei etwa 6.000 km ein Ölwechsel fällig. Ich nehme die Sache ernst, will ich doch meine Garantie aufrechterhalten. Ohne weiteres würde ich den Ölwechsel selber machen, aber in den USA ist es teilweise billiger, diesen in einer Werkstatt durchführen zulassen. So rufe ich vom Hotelzimmer aus ein paar Händler an, frage nach den Preisen und der Möglichkeit, mal eben schnell vorbeizukommen.

Jerry, mit gleichnamigem Laden, sagt, das sei überhaupt kein Problem. Ich solle einfach vorbeikommen, er könne das gerade zwischendurch machen. Ich finde seine kleine Schmiede hinter einer Tankstelle im Zentrum der Stadt. Offensichtlich liebt er seinen Beruf, ist aber keiner Motorradmarke angeschlossen, sondern arbeitet an allen Modellen, die gerade kommen. Es stehen Harleys, BMWs und japanische Mopeds vor seinem kleinen Laden

Ein Bär von Mann grinst mich mit schelmischen Augen an und fragte im breitesten texanischen Akzent nach meinem Reiseplan. Wieder muss ich mich für meine Motorradwahl rechtfertigen. Auch Jerry ist der Meinung, dass ich auf einer großen BMW GS wie Klaus sie fährt, besser aufgehoben wäre. Allerdings gibt auch er sich mit meiner Erklärung zufrieden.

Während ich warte, kommen mehrere Kunden in das Geschäft, allerdings kaufen sie nichts, sondern bedienen sich nur an Jerrys Kaffeemaschine, stehen herum und unterhalten sich. John, ein langhaariger Mitvierziger mit Tätowierungen, offensichtlich einer Chopperfraktion angehörend, schwärmt uns von Texas vor. Er kommt ursprünglich aus Dallas und ist erst vor wenigen Jahren in den Westen gezogen.

Es sind allesamt Biker, die die kleine Werkstatt nutzen, um sich zu treffen und Erfahrungen auszutauschen. So erfahren Klaus und ich, dass es ganz in der Nähe das kleine Städtchen Fredricksburg gibt, das ursprünglich von deutschen Einwanderern gegründet wurde. Jerry und John sind der Meinung, dass wir dort unbedingt hin fahren müssen. Auf meiner Karte zeichnen sie eine besonders schöne Strecke ein und schicken uns auf den Weg.

Ich wollte nur einen Ölwechsel - aber im Preis inbegriffen ist auch ein neuer Ölfilter sowie das Auswaschen des Luftfilters und das Ueberprüfen aller anderen Flüssigkeitsstände. Ich zahle

27 Dollar und bin zufrieden, ein gutes Geschäft gemacht zu haben.

Erst gegen 13 Uhr, in der größten Mittagshitze, machen wir uns schließlich auf den Weg. Der Highway 87 bringt uns über kleine, kurvenreiche Straßen bis nach Brady. Die Wappenblume des Staates Texas heißt "Texas Blue Bonnet" und steht in diesen Tagen in voller Blüte. Die Grasflächen neben den Straßen sehen aus wie blaue Teppiche und bieten einen schönen Kontrast zu den alten grünen Eichen und den malerischen Bauernhöfen.

Texas ist ganz anders, als wir es uns vorgestellt hatten. Gewaltig groß - wir fahren über

2.000 km durch diesen Staat - sehen wir aber nicht einen Ölbohrturm und auch nur wenige Rinderherden. Dafür sehr viel grüne, landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen.

Über die kleine Nebenstraße 965 erreichen wir schließlich am frühen Abend Fredricksburg. Tatsächlich zeigt die Stadt eine Mischung aus amerikanischem Westen und deutscher Kleinstadt. Viele Brautpaare kommen, um ihre Flitterwochen hier zu verleben. So sparen sie das Ticket für einen Flug nach Europa und können sich zumindest einreden, ein bisschen europäische Kultur und Lebensart gesehen zu haben.

Wieder ist das Motel nicht viel teurer als ein Zeltplatz. Im Großen und Ganzen stellen wir fest, dass Zeltplätze in unmittelbarer Umgebung einer Stadt wesentlich teurer sind als in den Parks weiter außerhalb. Will man sich im Zentrum einer Ortschaft aufhalten, lohnt sich meistens, ein Zimmer zu nehmen. Heute übernachten wir im "Delux Inn" Motel, können Wäsche waschen und bekommen morgen früh auch noch ein Frühstück gratis.Wildrich Weltreise Texas Lawrensburg

Auch hier gibt es wieder einen "Dollar General" Supermarkt und neben all dem Ramsch findet Klaus eine amerikanische Flagge, die er sich später an das Motorrad montiert. Das kommt bei den Amerikanern gut an.  Nicht selten werden wir durch Hupkonzerte begrüßt. In dieser Zeit des Krieges erleben wir den gewaltig starken amerikanischen Patriotismus.

Nicht, dass wir komplett überzeugt wären vom Konzept dieser Stadt, aber es gefällt uns hier eigentlich ganz gut. Vor allem den Biergarten können wir empfehlen. Man sitzt unter Kastanien, auf richtigen Biergartenstühlen. Diese stehen auf einem Kiesboden und die adretten Kellnerinnen tragen Dirndl. Klaus, ein echter Bayer, ist begeistert.Wildrich Weltreise ein Stück Heimat für einen Bayern wie Klaus

Nach unserem abendlichen Spaziergang über die Hauptstraße genehmigen wir uns Steaks und ein paar Bier.

25.03.2003

Heute vor einem Monat bin ich in Deutschland abgeflogen.  Es ist Zeit für einen Zwischenresümee.

Ich bin froh, einen Teil dieser Reise gemeinsam mit einem guten Freund zu erleben. Ich hatte nicht gedacht, dass es so wichtig sein könnte, jemanden dabei zu haben. Aber die Möglichkeit, sich auszutauschen, und die Sicherheit, die Klaus mir gibt, sind mir viel wert.

Die Menschen, die ich unterwegs getroffen habe, haben mich überrascht. Ich war mir nicht bewusst, dass die US-Bürger so freundliches Menschen sind. Immer wieder werden wir von Fremden angesprochen. Man erkundigt sich nach unserer Herkunft und wünscht uns einen guten Aufenthalt in Amerika. Wie es scheint, sind alle darauf bedacht, einen guten Eindruck bei uns zu hinterlassen.

Die Landschaften der ersten 7.000 km waren zum Teil sehr beeindruckend. Die spektakulären Nationalparks mit ihrem wilden, ursprünglichen Land haben Klaus und mich beeindruckt. Naturschauspiele, wie zum Beispiel ein Gewitter in der Wüste, werden uns noch lange in Erinnerung bleiben.

Mein Motorrad hat nach den Reifenpannen keine Zicken mehr gemacht. Allerdings brauche ich jetzt dringend einen neuen Hinterreifen. Das schwere Gewicht - dazu die vielen Asphaltstraßen - haben die Laufleistung erheblich reduziert. So werde ich heute versuchen, in Austin einen neuen Reifen zu bekommen.

Schon nach 100 km erreichen wir bei einsetzendem Regen die Stadt Austin. Dank Klausis Navigationssystem ist es überhaupt kein Problem, sich zurechtzufinden. So fahren wir, Klaus immer voran, erst mal zu einem BMW Händler. Das Schloss sowie ein Scharnier des Koffersystems sind defekt und müssen erneuert werden.

Klaus, sonst sehr mit seinem Motorrad zufrieden, ist entsetzt, wie schlecht die Qualität der BMW Koffer ist. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass man die Teile auf Lager hat, werde aber eines Besseren belehrt. Während Klaus sich noch mit einem Mechaniker unterhält, mache ich mich auf den Weg zu einem nahe gelegenen Motorradreifenhändler.

Ich habe Glück, tatsächlich hat man einen passenden Hinterreifen für mich. Für 108 Dollar fahre ich nach etwa einer Stunde mit den neuen Pneu vom Hof. Wieder regnet es, als wir Austin in östlicher Richtung verlassen. Erst nach etwa 100 Meilen biegen wir auf eine weniger befahrene Straße ab. Heute geht es durch bewaldetes Land, vorbei an vielen kleinen Seen. Immer wieder wechselt die Landschaft. Texas ist wirklich vielseitiger, als Wildrich Weltreise Klaus meinte die Flagge müsse sein! Tatsächlich hupen öfter mal Leute Beifall.... es ist Krieg in Amerika....ich gedacht hatte.

Ohne Frage nähern wir uns jetzt Louisiana. Man hört den Unterschied am Akzent der Menschen.

In Huntsville ist der Regen schließlich so stark, dass wir beschließen, heute nicht weiterzufahren. Die Rezeptzionistin des "Econo Lodge Motels" ist gut aufgelegt und flirtet mit uns. Sie mag Motorradfahrer, hat selber eine kleine Yamaha. Wir bekommen das Zimmer zu einem Sonderpreis.

Wir erfahren, dass die Stadt Huntsville in erster Linie von den vielen Gefängnissen in der Umgebung lebt. Das ist hier eine richtige Industrie und man sagt uns, dass ein Großteil der Jobs in der Stadt auf die eine oder andere Weise mit dem Knast zusammenhängt. So sehen wir dann auch auf unserer Fahrt in die Stadt ein neugebautes Gebäude - ohne Fenster - umgeben von Stacheldraht. Es gibt viel Polizei. Ich frage mich, ob ich mich trotzdem unter diesen Umständen sicher fühlen würde

Das zweite Standbein Huntsvilles ist das College. Auffällig viele junge Menschen sind unterwegs in den Einkaufszentren und Restaurants. Bedingt durch den akuten Geldmangel der Studenten gibt es auch preiswerte Kneipen. In einer solchen sitzen wir später am Abend und genehmigen uns zum Preis von 99 Cents Erdbeer-Margaritas.

Nachdem wir uns für ein paar Dollar einen Rausch angetrunken haben, essen wir  - wahrscheinlich zum letzten Mal auf dieser Reise - mexikanisch.

26.03.2003

Draußen strömt der Regen, als wir früh am Morgen vor die Tür gehen. Klaus würde am liebsten sofort weiterfahren, aber ich bin der Meinung, wir sollten versuchen, das schlechte Wetter auszusitzen.

Im leichten Nieselregen gehen wir durch die Stadt zur Bücherei. Ständig muss ich daran

denken, wie wir hier wohl auf die Menschen wirken. Mit unseren Bärten und den dunklen Motorradklamotten sehen wir bestimmt aus wie entflohene Sträflinge. Ich ertappe mich dabei, wie ich nach Polizeiwagen Ausschau halte. Auch die Frau in der Bücherei schaut ein wenig Wildrich Weltreise Highway in Texasmerkwürdig, als wir darum bitten, die Computer benutzen zu dürfen.

Heute essen wir im "Golden Coral". Das ist wieder eines dieser amerikanischen Buffetrestaurants. Mittwoch ist "Garnelentag" und so gibt es die kleinen Krustentiere auch in vielen Varianten. Frittiert, gegrillt, mit Knoblauch, überbacken mit Käse oder als Beilage zum Salat und zur Pasta.

Viel zu viel haben wir gegessen und können uns gerade noch zwischen Tank und Taschen auf die Sattel zwängen. Meine große, wasserdichte Rollentasche habe ich eng hinter mir auf den Soziussitz gepackt. So habe ich immer etwas im Rücken und kann mich sogar ein wenig anlehnen.

Die Tanktasche vor mir enthält Wertgegenstände, wie zum Beispiel meine Kameras und den Reisepass. Sie wird mit Magneten befestigt, damit man sie schnell entfernen und mitnehmen kann, wenn man das Motorrad verlässt. Sie enthält auch ein großes, durchsichtiges Kartenfach.

Kartenmaterial bekommt man in den USA meistens gratis an den Grenzen zwischen den Staaten. Dort gibt es oft gut ausgestattete Besucherzentren, deren freundliches Personal einen mit Prospekten und Routenvorschlägen versorgt.

Zusätzlich dazu habe ich einen amerikanischen Straßenatlas dabei, denn viele der Gratis-Karten enthalten nicht die kleinen Straßen, die wir Motorradfahrer so gerne fahren. Eine große Auswahl dieser Atlanten kann man in Deutschland über das Internet beziehen. Ich habe vor meiner Abreise viele Abende damit verbracht, eine mögliche Reiseroute auszuarbeiten!

Der Osten von Texas erinnert mich sehr an meine zweite Heimat Kanada. Es gibt über weite Strecken große Nadelwälder und zwischen diesen tauchen immer wieder zahlreiche Seen auf. Gespickt mit vielen kleinen Parks und Campingplätzen sind sie ein Paradies für die vielen Angler. Oft begegnen uns Pickups mit Booten auf der Ladefläche oder den Anhängern. An einer Tankstelle machen wir Halt und ich komme an der Zapfsäule mit einem Freizeitfischer ins Gespräch.

Angeln ist für die Männer hier Volkssport Nr. 1, noch viel wichtiger als Football oder Baseball. Auch auf den Speisenkarten der Restaurants sehen wir eine großWildrich Weltreise Louisianae Auswahl an Fischgerichten. Der Catfish, welcher in erster Linie hier gefangen wird, ist eine Delikatesse.

Heute wollen wir direkt an der Grenze zu Louisiana am künstlichen Sabine Lake campen. Vorher will Klaus noch seinen Biervorrat auffüllen, wie es sich für einen Bayern gehört. Dies gestaltet sich jedoch viel schwerer, als wir es uns gedacht hatten. Hier, im sogenannten Bible Belt, einem Gebiet mit streng gläubigen Bewohnern in den Südstaaten, ist der Verkauf von alkoholischen Getränken oft gesetzlich verboten. Das sind die sogenannten „Dry Areas", und Klaus ist der Verzweiflung nahe, als er erfährt, dass die nächste Möglichkeit, Bier zu kaufen, fünfzig Meilen entfernt ist.

So fahren wir im kühlen Schatten großer Tannen, entlang den Seen, in das Städtchen San Augustine, um Bier zu kaufen. Der kleine Supermarkt lebt fast ausschließlich vom Verkauf alkoholischer Getränke. Bis unter die Decke stapeln sich die Bierkästen und der Verkäufer erklärt, dass seine besten Kunden aus den trockenen Landstrichen kommen.

Durch diesen Umweg gelangen wir in ein Gebiet, in dem uns viele Männer mit weißen Overalls auffallen. Wir können uns keinen Reim darauf machen und halten an einem Sammelplatz der Gruppe an. Wir erfahren, dass es sich um Mitarbeiter der NASA handelt, die hier Teile des erst vor kurzem abgestürzten Spaceshuttles aufsammeln. Anscheinend fahren wir direkt entlang der Schneise, in der man einen Großteil der Wrackteile findet. Als wir weiterfahren wollen, werden wir noch ermahnt, keine fremdartigen Gegenstände zu berühren oder aufzuheben. In einem solchen Fall sollten wir uns sofort telefonisch an die Polizei wenden.Wildrich Weltreise Klaus Amos und sein Sohn

Am späten Nachmittag erreichen wir - bewaffnet mit einer Kiste Bier - den "Sabine National Forest" mit seinem kleinen Campingplatz. Idyllisch gelegen, direkt am Stausee, wird er in erster Linie von Besuchern aus der unmittelbaren Umgebung genutzt. Wir erfahren aber,  das sich auch Angler aus Austin und Dallas gerne am Wochenende hier aufhalten.

Einen Parkwächter gibt es hier nicht. Man bezahlt seinen Platz, indem man Geld in einen bereit gelegten Briefumschlag legt, diesen mit seinem Namen und der Zeltplatznummer versieht und in einen Briefkasten wirft.

Klaus, der in seinem Gepäck über viele Kilometer vergebens eine Angel mitgeschleppt hat, versucht sein Glück, leider ohne Ergebnis. So machen wir uns mit dem Gedanken vertaut, wieder Chili zu essen.Wildrich Weltreise Amos, seine Frau und Klaus auf dem Boot. Angeln ist Volkssport

Gerade wollen wir ein Lagerfeuer machen, da kommt unser Nachbar auf unseren Platz. Mit breitem texanischen Akzent begrüßt er uns. Amos, ein Berg von einem Mann, lädt uns heute Abend zum Essen ein. Er ist mit seiner Frau und fünf Kindern schon seit mehreren Tagen auf dem Campingplatz und sagt, auf zwei Esser mehr oder weniger kommt es auch nicht an. Wir sollen doch so gegen 7 rüber kommen und Getränke mitbringen.

Der Duft von gegrillten Rippchen und frischen Pommes frites weht herüber und macht Appetit. Nach  Sonnenuntergang sitzen wir mit Amos und seiner Familie am Lagerfeuer und essen die vorzüglichen Speisen, die sie zubereitet hat.

Amos, der vielleicht 200 kg wiegt, beklagt sich darüber, dass er gerade eine Diät machen muss. Leider könne er deshalb kein Bier trinken, müsse es stattdessen mit Diätcola vorlieb nehmen. Seine Schlankheitskur kann ihn aber nicht davon abhalten, ein halbes Dutzend Rippchen und Unmengen von Pommes zu vertilgen.Wildrich Weltreise Sabin Lake

Er erzählt aus seinem Leben. Wir erfahren, dass er in Louisiana als Schweißer auf einer Bohrinsel arbeitet. Er ist meistens zwei Wochen am Stück unterwegs und hat dann eine Woche frei. Er beklagt sich nicht über die schwerer Arbeit, bringt sie doch gutes Geld und das sei heute wichtiger denn je. Die amerikanische Ölindustrie hat durch die Unruhen im nahen Osten stark an Geltung gewonnen.

Er sagt mit Stolz, er sei ein "Redneck“! Darauf angesprochen, was das denn sei, erwiderte er: Er sei Texaner, wiege 400 Pfund, habe weiße Hautfarbe und fünf Kinder. Das sei ein Redneck!

Zum Thema Irak hat Amos auch seine eigene Meinung. Er sagt, es war ein gewaltiger Fehler dieser ganzen Irakis, in amerikanische Bürogebäude zu fliegen. Er meint damit natürlich das World Trade Center. Terroristen könnten seiner Meinung nach machen, was sie wollten. Solange sie Amerika in Ruhe ließen, gäbe es kein Problem. „Aber in dem Augenblick, wo sie in 'unsere' Gebäude geflogen sind, haben sie einen großen Fehler gemacht, den sie noch bereuen werden.“

Meinen Einwurf, ich könne mich nicht daran erinnern, dass unter den Attentätern Irakis gewesen seien, lässt er nicht gelten. Das sei doch alles das Gleiche! Außerdem sei Georgy - er meint damit den  Präsidenten - ein guter Freund von ihm und grinst dabei. Gleich morgen würden sie zusammen Kaffee trinken gehen und die Weltpolitik gestalten.

Wir lachen viel miteinander, trotz des ernsten Themas. Was soll man auch anderes machen?Wildrich Weltreise Sabine Lake

Nach einer großen Portion Schweinerippchen zieht es uns in unserer Zelte. Amos sagt, wir sollen noch morgen früh zum Frühstück vorbeikommen. Seine Frau würde dann für uns kochen, erst danach dürften wir los.

Später sagt mir Klaus, er habe so gut wie nichts verstanden, zu extrem sei der texanische Slang gewesen. Wir hören, wie unsere Nachbarn einen Diesel-Generator anwerfen. Nicht zu glauben: Der amerikanische Camper braucht nachts Strom für die Klimaanlage!

 

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