Klaus kommt an

11.03.2003

Heute vor einer Woche bin ich in Abbotsford losgefahren. Das ist der erste Gedanke, den ich fasse, als ich aufwache. Ich genieße den Augenblick und denke darüber nach, was ich in dieser Zeit so alles erlebt habe. Die freundlichen Menschen, die ich getroffen habe, werden noch lange in meiner Erinnerung bleiben. Allerdings auch der Ärger mit dem Reifen und der viele Regen.

Draußen wird es jetzt hell, aber Klaus schläft noch. Ich werde ihn noch eine Weile in Ruhe lassen und mit meinen Eltern telefonieren. Sie nehmen großen Anteil an meiner Reise und freuen sich immer, wenn ich mich melde.Wildrich Weltreise California

Ich versuche, so viele Menschen wie möglich an meinem Erlebten teilhaben zulassen. Sogar ins Internet habe ich Auszüge meiner Reiseberichte gestellt und bin überrascht, wie viele sich dafür interessieren. Eine Weltreise will sicherlich fast ein jeder einmal erleben, aber die wenigsten haben die Zeit oder das nötige Kleingeld dafür. Auch mir fällt es nicht leicht, beides aufzubringen, aber es geht - wenn man will.

Das Lesen der Reiseberichte im Internet ist eine gute Möglichkeit, mitzureisen. Ich habe es vorher auch nicht anders gemacht. Auch dutzende Bücher zum Thema Motorrad-Reisen habe ich in der letzten Zeit verschlungen.

Neben mir regte sich jetzt was, Klaus ist wach. Wenig später sitzen wir gemeinsam im Mietwagen und fahren zur Spedition, um die BMW abzuholen. Klaus hatte sie über ein Reisebüro per Luftfracht verschickt, sie sollte eigentlich gestern eingetroffen sein.

Los Angeles ist eine Millionen-Metropole und besitzt ein weit verzweigtes Straßen- und Autobahnnetz. Es dauert im starken Verkehr viele Stunden, um von einem Ende zum anderen zu gelangen. Gott sei Dank ist Klaus technik-besessen und hat immer die neuesten Spielereien dabei. Heute ist es ein batteriebetriebenes mobiles Motorrad-Navigationssystem, welches uns den Weg dirigiert. Es funktioniert hervorragend, aber leider frisst es Batterien. So müssen wir noch vor Erreichen unseres Zieles anhalten, um neue zu kaufen.

Die Supermarktkette K-Mart, in der wir schließlich fündig werden, überrascht uns durch Selbstbedienungskassen. Lediglich beim Verlassen des Gebäudes kontrolliert ein Mitarbeiter sichprobenartig den Inhalt der selbst gepackten Einkaufstüte mit dem Kassenbon. So etwas kenne ich nicht und deshalb starre ich nicht schlecht.Wildrich Weltreise welch ein schöner Tag zum Moped fahren

Schließlich erreichen wir das Firmengelände der Spedition und finden dort auch den für uns zuständigen Mitarbeiter. Gilbert, ein kleiner Mexikaner, beteuert, es täte ihm leid, dass das Motorrad noch nicht auslieferbar sei. Der amerikanische Zoll hätte es noch nicht freigegeben, er hoffe aber, dass das morgen der Fall sein wird.

Klaus ärgert sich ein wenig darüber, hatte er doch fest vor, heute schon ein paar Runden zu drehen. Nun muss er eine Weile warten, und wir machen uns über einem Hamburger Gedanken darüber, wie wir den rechtlichen Tag verbringen werden.

Ich schlage vor, dass wir das Navigationssystem nutzen, um einen Camping-Zubehör-Supermarkt der Kette der "REI" zu suchen. Schon in Deutschland hatte ich von dieser Firma gehört. Es wurde gesagt, ein Besuch lohnt in jedem Fall. Wir staunen dann auch nicht schlecht über die gewaltige Auswahl. Auf zwei Etagen gibt es alles, was des Campers Herz begehrt. Dutzende von Zelten und Schlafsäcken, Kochzubehör, Klamotten und vieles Andere mehr. Klaus hat eine Leihgabe seiner Schwester dabei, einen sogenannten Trangia-Kocher. Dieser wird mit Spiritus betrieben und wir sind überrascht, diesen hier auch zu sehen.

Am späten Nachmittag machen wir uns auf den Weg zum berühmten Mulholland-Drive im Norden von Los Angeles. Schon seit Monaten redet Klaus davon, dass er diesen unbedingt sehen, ja eigentlich mit dem Motorrad befahren möchte. Es handelt sich hierbei um eine Schotterstraße, die Santa Monica mit Hollywood verbindet. Reiseführer berichten, dass man nicht nur eine wunderschöne Aussicht auf die Stadt habe, sondern auch wenig Verkehr.

Das stimmt dann tatsächlich, denn schon seit ein paar Jahren ist der Mulholland-Drive für Motorfahrzeuge gesperrt! Nur zu Fuß oder per Mountainbike kann man ihn nutzen. Wieder einmal müssen wir feststellen, dass es wichtig ist, aktuelle Reiseführer dabei zu haben.Wildrich Weltreise Fotos für unsere Alben

Allerdings haben wir doch noch die Gelegenheit, etwas zu besichtigen, und zwar eine ehemalige Raketenabschussrampe, die hier in den fünfziger Jahren aus Angst vor sowjetischen Angriffen errichtet wurde. Das alles passt heute wieder in das Bild Amerikas. Die Angst vor dem kalten Krieg, berechtigt oder nicht, ist auch heute wieder präsent. Nur hat sich eben das Feindbild gewandelt. Jetzt sind es nicht mehr Kommunisten, sondern extreme religiöse Fanatiker, die eine scheinbare - oder vielleicht auch realistische - Bedrohung darstellen.

Während eines wunderschönen Sonnenunterganges machen wir uns wieder auf den Weg, fahren über San Fernando bis nach Santa Monica.

Dort gehen wir in der Abenddämmerung noch ein wenig am Strand spazieren. Die Szenerie kennen wir aus zahlreichen Filmen und Fernsehserien, gibt es doch den weltbekannten "Santa Monica Pier" mit seinem Riesenrad, der oft als Drehort herhalten muss.

Klaus war schon einmal in den USA, ist aber nicht ganz so erfahren wie ich. So denke ich, kennt er bestimmt noch nicht die Restaurantkette "Hooters". In einer solchen Kneipe sitzen wir wenig später und bestellen Bier und Chicken Wings. Ein typisch amerikanisches Fast-Food-Gericht. Fettig, salzig, scharf gewürzt und sehr ungesund, aber genau das Richtige an diesem Abend. Hooters ist bei amerikanischen Männern vor allem beliebt für seiner Kellnerinnen. Diese tragen knappe Kleidung und stellen ihre - oft nicht unbeträchtliche - Oberweite zur Schau. Von einer solchen Dame werden wir bedient und bekommen zum Abschied unsere Rechnung, die sie mit einem Lippenstift-Kuss serviert.

12.03.2003

Um 7:50 weckt uns das Telefon. Gilbert von der Spedition ist am anderen Ende und teilt uns mit, dass wir heute das Motorrad abholen können. So machen wir uns auch gleich auf den Weg zu ihm. Leider haben wir uns zu früh gefreut, bekommen nur die notwendigen Papiere und müssen dann wieder zurück zum Flughafen fahren. Dort angekommen, sprechen wir bei der Fluggesellschaft KLM vor und erfahren, dass man uns schon erwartet. Warum wir nicht bereits gestern gekommen wären? Wir schauen uns gegenseitig an und schütteln die Köpfe.Wildrich Weltreise so verpackt kommt Klausis GS in LA an

Gemeinsam mit einem Firmenmitarbeiter betreten wir die gewaltige große Lagerhalle des Flughafens und die Palette mit der BMW wird mit einem Gabelstapler zu uns gebracht. Jetzt ist Klaus völlig in seinem Element, kann es gar nicht mehr richtig erwarten, packt und schraubt bis alles an seinem Platz ist. Inzwischen ist es auch schon Mittagszeit und wir gesellen uns zu den Speditionsmitarbeitern, um ein wenig mexikanisch zu essen.

Wieder zurück in Hotel, packen wir unsere Sachen und machen uns auf den Weg nach Santa Clarita, um den Mietwagen zurück zu AVIS zu bringen und vor allem, um mein Motorrad abzuholen. Ich hatte die Werkstatt angerufen und in Erfahrung gebracht, dass man 45 Dollar verlangt. Man hat einen neuen Schlauch gelegt, da der alte undicht war. Wie es allerdings zu dem Luftverlust kam, kann man nicht sagen. So befürchte ich Schlimmes, hoffe aber das Beste.

Vor der Werkstatt machen wir noch schnell ein Foto von diesem denkwürdigen Augenblick, als wir gemeinsam losfahren. Es sollen ca. 10.000 Kilometer werden, die wir zusammen zurücklegen wollen. Von Santa Clarita aus fahren wir auf kleinen Straßen durch eine wüstenähnliche Landschaft mit Kakteen bis nach Palmsdale. Dort halten wir zum ersten Mal und tanken.

Ein freundlicher Harley-Fahrer bringt uns auf die richtige Straße Richtung Osten. Nicht, dass Klaus diese auf dem Navigationssystem nicht finden könnte, aber die Hochtechnologie gibt keine Auskunft darüber, wie schön oder motorrad-tauglich eine Strecke wirklich ist. Als Motorradfahrer zieht man eher kleinere, kurvige Straßen vor und hat er weniger Interesse daran, schnell ans Ziel zu gelangen.

Schon in Deutschland haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wo wir unterwegs übernachten könnten. Bei unserer Recherchen sind wir auf den Campingplatzanbieter "KOA" gestoßen, der in ganz Nordamerika Plätze unterhält. Einen solchen steuern wir in der kleinen Stadt Apple Valley an.

Uns entgegenkommende Motorradfahrer grüßen. Nur in großen Städten erweist man uns manchmal nicht diese Geste.

Gut ausgestattet, liegt der Campingplatz am Rande einer Siedlung, leider aber auch direkt neben einem Freeway, so wird es nachts sicherlich laut. Nachdem wir die Zelte aufgebaut haben, dusche ich und widmete mich der Wäsche. Wir haben jeweils nur ein paar Garnituren dabei und so kommt es,  dass wir öfter einen Waschsalon aufsuchen müssen.

Ich freue mich riesig, endlich mit Klaus zusammen unterwegs zu sein. Die ersten 2.000 km alleine waren teilweise recht eintönig und einsam. Ich bin zwar eher der Einzelgängertyp, stelle aber fest, dass es speziell bei Motorradfahrten von Vorteil ist, zur zweit unterwegs zu sein. Dies gilt vor allem dann, wenn man sich gut versteht und zusammenpasst.  Unterschiedliche Geschwindigkeiten oder Fahrstile fallen dagegen nicht so sehr ins Gewicht. Vor allem tut es gut, sich zwischendurch oder abends bei einem Bier auszutauschen, das gemeinsam Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen.Wildrich Weltreise auch eine BMW hat mal ihre Tücken.... die Aufhängung des Bremspedalses war loose

Heute, an unserem ersten wirklichen Abend unterwegs, empfiehlt man uns das "Home Buffet Restaurant". Es liegt in der Stadt und nach wenigen Minuten finden wir es. Direkt hinter der Eingangstür gibt es eine Kasse und noch bevor man sich etwas zu essen holt, wird bezahlt. Man bekommt dann Besteck, Becher und Teller und wird an einen Tisch gewiesen. Das warme und kalte Buffet ist gewaltig. Gewaltig sind allerdings auch viele der Gäste, wie wir schnell feststellen. Zu meiner Rechten sitzt ein etwa 200 kg schwerer Mann, der offensichtlich Stammgast ist.

Schnell merken wir, dass wir unter Beobachtung stehen. Motorradfahrer ist man hier anscheinend nicht gewöhnt und argwöhnisch blickt man auf unsere Klamotten. Gerade will ich Klaus davon erzählen, da lehnt sich hinter mir ein Mann über den Tisch und fragt mich nach unserer Herkunft. Ob es stimmt, dass wir Tschechen wären? Ich frage den Mann, wie er darauf kommt und er antwortet mir, dass seine Frau der Meinung sei. Ich frage ihn, was er denn glaube. "Deutsche", sagt er und ich gebe ihm recht.

Spät am Abend kommen wir zurück zu unserem Zelt und sind entsetzt darüber, wie stark der Verkehr zehn Meter entfernt auf der Autobahn ist. Die ganze Nacht hindurch stören mich LKWs und ich finde kaum Schlaf.

13.03.2003

Als es um 6:30 schließlich dämmert, halte ich den Lärm nicht mehr aus und stehe auf. Auf der Außenhaut des Zeltes hat sich eine kleine Schicht Feuchtigkeit angesammelt und es ist empfindlich kühl. Die wüstenähnliche Landschaft wird nachts ihrer Wärme beraubt. Ohne zu frühstücken machen wir uns auf den Weg, haben wir doch heute eine ziemliche Strecke vor uns.

Im kleinen Städtchen Yucca Valley rasten wir an einer Tankstelle und frühstücken. Hier in den USA sind die Tankstellen-Shops noch besser ausgestattet als in Deutschland. Man hat fast immer eine sehr große Auswahl an Getränken und Speisen. Zur Zeit gibt es überall Kaffee mit Vanillegeschmack. Ein solcher, zusammen mit einem Stück Kuchen, ist oftmals meine Grundlage für den Tag.

Schon gegen 8  Uhr ist es unerträglich heiß. Die Sonne brennt sich in meine schwarzen Motorradklamotten. Die Einfahrt des "Joshua Tree Nationalparks" ist gut ausgeschildert. An einem kleinen Pförtnerhäuschen müssen wir anhalten und uns ausweisen. Normalerweise müssten wir für jeden Besuch eines Nationalparks separat bezahlen, aber wir haben uns über das Internet eine sogenannte "Golden Eagle Card" besorgt, die uns berechtigt, ein Jahr lang alle Nationalparks der USA zu besuchen.Wildrich Weltreise gute Schotterstraße

Der gewaltige, große Park erstreckt sich in seiner Länge von über 100 Kilometer  durch eine Wüste mit wunderschönen Kakteen und den beruehmten Joshua Bäumen. Eine Szenerie, wie ich sie sonst nur aus amerikanischen Wildwestfilmen kenne. Wir stellen unsere Motorräder auf einem kleinen Parkplatz ab und gehen wandern. Bizarre Felsformationen und die fremde Pflanzenwelt faszinieren uns beide. Der Park ist ein wahres Dorado für Landschaftsfotografen. Auch gibt es reichlich Gelegenheiten, auf Schotterstraßen die Geländetauglichkeit unserer Maschinen zu testen. Hier herrscht relativ wenig Verkehr, wenngleich auch die große Anzahl an allradgetriebenen Pickups Anderes vermuten lässt. Klaus, Autofanatiker, der er ist, kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Am liebsten würde er einen Hummer (das größte unter diesen Monsterautos) mit nach Hause nehmen.

Überhaupt ist es überraschend, zu sehen, wie viele dieser großen Fahrzeuge unterwegs sind, aber nicht ihrem eigentlichen Zweck dienen. Selbst in einem Land wie den USA, das seit vielen Jahrzehnten über seine Verhältnisse lebt, regt sich jetzt ein wenig Protest. Gestern Abend habe ich im Fernsehen eine Reklame gesehen, in der ein Schauspieler die Frage stellt, was für ein Auto Jesus wohl fahren würde. Einen großen Spritfresser oder ein kleines, umweltfreundliches Auto? Alles natürlich mit dem Hintergrund des drohenden Iraks Krieges und der Angst vor Ölknappheit.

Wir verlassen den Park in südlicher Richtung und haben einen letzten grandiosen Blick auf die Chocolate Mountains. Nach einiger Diskussion darüber, wo wir heute Abend übernachten werden (ich würde gerne zelten, um Geld zu sparen), entschließen wir uns, zu versuchen, bis nach Yuma in Arizona zu kommen. Über den Freeway 10 erreichen wir die Grenze hinter der Stadt Blythe. Von dort sind es noch ca. 80 Meilen immer in südlicher Richtung dem Highway 95 folgend, der in diesem Bereich durch ein ehemaliges Bombentestgelände führt. Rechts und links entlang der Straße sehen wir die warnenden Hinweise, die Straße nicht zu verlassen, es bestehe die Gefahr, auf Blindgänger zu stoßen.

Gegen Abend erreichen wir schließlich Yuma und halten an einer Tankstelle. Wie ich gerade von meiner KLR absteige, bemerke ich, dass der Sattel tiefer als sonst liegt. Tatsächlich ist schon wieder Luft aus meinem Hinterreifen entwichen. Ich kann es gar nicht fassen: drei Pannen in vier Tagen! Wildrich Weltreise

Wieder habe ich Glück im Unglück und erreiche selbst zu dieser späten Stunde noch telefonisch einen Helfer. Sean, ein Mechaniker der örtlichen Kawasaki Werkstatt, erscheint schon wenig später mit seinem Pickup und fährt mich und mein Motorrad zum Geschäft. Ich entschuldige mich dafür, dass ich kurz vor Feierabend noch angerufen habe, aber er entgegnet, das sei überhaupt kein Problem. Im Gegenteil, er freue sich darüber, Überstunden zumachen, er brauche das Geld. Außerdem sei der Laden heute spät geöffnet, da die Mitarbeiter eine Inventur durchführen.

Sean ist in Yuma geboren und aufgewachsen. Seine größte bisherige Reise war nach Los Angeles, was nur einige 100 Meilen entfernt liegt. Wie viele andere Amerikaner auch, hat er noch nicht viel von dieser Welt gesehen und ist sofort begeistert, als ich von meiner Reise erzähle. Ob ich dann vielleicht später ein Buch schreiben kann, fragte er? Das wäre doch sicherlich eine gute Möglichkeit, Geld zu verdienen. Ich frage, ob er denn ein solches Buch kaufen würde? Und er entgegnet, dass er das natürlich machen würde, solange ich seinen Namen erwähnen würde.

Wir erreichen die kleine Kawasaki Werkstatt, und Sean macht sich sofort an die Arbeit. Mit wenigen Handgriffen löst er das Hinterrad und zieht den Reifen ab. Wie er so gerade dabei ist, den Schlauch zu untersuchen, schaut sich Klaus den Reifen mal genauer an und findet tatsächlich einen kleinen Metalldorn, den alle anderen Mechaniker zuvor übersehen hatten!

Er ragt gerade so durch den Reifen durch - man kann ihn eigentlich nur spüren, aber nur schlecht sehen. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass genau dieser Dorn die platten Reifen verursacht hatte. Wildrich Weltreise

Mit der Kombination - neuer Schlauch und reparierter Reifen - hatte ich nie wieder Probleme auf der Reise.

Die Sonne ist längst untergegangen, als wir uns voneinander verabschieden. Was ich denn schuldig sei, will ich wissen, Nichts, entgegnet Sean, das sei schon in Ordnung so! Schließlich gebe ich ihm 40 Dollar. Ich denke, wir haben beide ein gutes Geschäft gemacht.

Wie aber soll man um diese Uhrzeit noch einen vernünftigen Campingplatz finden? Nicht, dass es in Yuma keine gäbe. Tausende Kanadier (sogenannte "Snowbirds") steuern Winter für Winter Arizona an und nehmen ganze Landflächen mit ihren Wohnmobilen ein. Aber genau da liegt das Problem, nämlich, man ist auf Wohnmobile eingestellt und nicht auf Zelte. So entschließen wir uns wieder einmal, ein Hotelzimmer zunehmen.

Der Besitzer des "Hacienda Motels" ist skeptisch. Zwei Biker, um diese Uhrzeit? Er habe auch nur noch ein einziges Zimmer frei. Unsere Herkunft aber stimmt ihn dann freundlich, war er doch als junger Mann bei der Wildrich WeltreiseUS-Armee in Deutschland stationiert.

Heute war ein recht anstrengender Tag, wir sind etwa 300 Meilen gefahren. Da kommt mir der Swimmingpool vor unserem Zimmer gerade recht. Das Wasser ist wunderbar, hat genau die richtige Temperatur und das Wasser ist unglaublich weich, wie ich es schon oft in Wüstengegenden erlebt habe.

Direkt neben dem Swimmingpool sitzt eine Gruppe Männer. Tätowiert, braungebrannt und mit Bärten, es sind harte Jungs. Sie trinken Bier und grillen Steaks. Schnell kommen wir ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass es Straßenbauarbeiter sind, die von ihrer Firma hier im Motel untergebracht wurden. Sie reisen kreuz und quer durch Arizona, um Straßen zu bauen oder zu reparieren. Ein schweres Leben sei das. Immer weit weg von Frauen und Kindern. Viele von ihnen seien geschieden. Als einer der Männer anfängt, zu singen, stimmt Klaus mit ein. Ich bin total überrascht, dass er den Text kennt, denn mir ist das Lied fremd.

Bislang dachte ich, Klaus trage nur aus Jux ab und zu mal Cowboystiefel, aber anscheinend hat er auch einige Eigenschaften der starken Jungs aus dem Westen in sich. So kommt es, dass ich an diesem Abend zum ersten Mal das "El Paso Lied" von Chet Atkins höre. Es wird mich noch die ganze Reise über begleiten.Wildrich Weltreise und noch eine Reifenpanne Yuma AZ

14.03.2003

Die morgendliche Wüstensonne wirft lange Schatten, als ich mich auf den Weg zur Post mache. Gerade haben Klaus und ich aussortiert. Viel zu viel Kram hatten wir dabei, nun senden den überflüssigen Ballast zu meiner Schwester nach Abbotsford. Darunter Dinge wie lange Unterhosen. Später geht es noch zu "Wal-Mart", einer großen amerikanischen Supermarktkette. Klaus schleicht durch die Autozubehörabteilung und steht wenig später grinsend vor mir. Er hat ein Reifenflick-Kitt gefunden und meint, dass ich so was doch sicherlich gut gebrauchen könne.

Erst gegen 11 Uhr verlassen wir Yuma in östlicher Richtung auf dem Freeway 8. Da ich nicht gerne Autobahn fahre, bitte ich Klaus, mit dem Navigationssystem eine alternative Strecke zu finden. Diese gibt es auch und wenig später sind wir auf einer wenig befahrenen Sandpiste unterwegs.

Ich hätte es besser wissen sollen! Unsere schwer beladenen Motorräder sind für diesen feinen Sand nicht geeignet. Schnell gelangen wir an unsere Grenzen. Klaus wirft in wenigen Minuten mehrmals seine schwere BMW um, gräbt sich ein. Für wenige Kilometer brauchen wir Stunden, und ich bin froh, dass wir einen vernünftigen Wasservorrat dabei haben. Schließlich wird die Piste immer schlechter und gibt es kein Vorankommen mehr. Ich schlage vor, es über den nahegelegenen Bahnkörper zu versuchen und nachdem wir die Motorräder über die Schiene gehoben haben, geht es - recht wackelig - weiter. Wenn jetzt bloß kein Zug kommWildrich Weltreise Klaus fährt mit T-Shirt...t!

Schließlich erreichen wir so eine etwas bessere Straße und können unsere Reise fortsetzen. In dem Nest Gila Bend biegen wir in südlicher Richtung auf den Highway 85 ab, der uns vorbei an den eindrucksvollen Sauceda Mountains in die kleine Stadt Ajo führt. Hier erinnert mich Vieles an mexikanische Westernfilme und tatsächlich ist die Grenze auch ganz nah. Die Gebäude sind aus Lehm, es gibt Saloons und kleine Kirchen. Ab und an reiten Männer mit Pferden durch die Stadt.

Wir halten und fragen nach einer Zeltmöglichkeit. Nein, einen Zeltplatz gebe es nicht, aber wir können doch außerhalb der Stadt entlang der Straße unsere Zelte aufschlagen. Das Land gehöre dem Staat und der habe doch bestimmt nichts dagegen. So lernen wir, dass es in den USA noch immer noch große Landstriche gibt, die nicht im Privatbesitz sind. Solange man sich nicht daneben benimmt, ist es okay, dort zu zelten.Wildrich Weltreise wildes zelten, Rotwein und Sternenhimmel

Gerade rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang bauen wir neben ein paar großen Kakteen unser Lager auf. Wie eine kleine Wagenburg stehen Motorräder und Zelte in einem Kreis. Klaus spendiert eine Flasche Rotwein und wir reden beide noch bis spät in die Nacht über das heute Erlebte.

Wir haben Glück gehabt, dass uns nichts passiert ist. Ein Motorradunfall in der Wüste hätte leicht ins Auge gehen können,  zumal uns niemand vermisst hätte. Hier war es in jedem Falle richtig, zu zweit unterwegs zu sein.

Wie wir so die Wirkung des Weins spüren, reden wir über unsere Kindheit. Ich erzähle Klaus von der Zeit, als ich mit meinen Eltern nach Kanada ausgewandert bin und wie ich dieses einschneidende Erlebnis empfunden habe. Es ist schon erstaunlich, wie viele Eindrücke sich auch im Laufe eines jungen Lebens ansammeln.

Der wunderbare Sternenhimmel hier in der Wüste macht mich ein wenig wehmütig. Klaus geht es genauso. Wie schön wäre es doch, wenn wir für diesen Augenblick unsere Familien an unserem Glück teilhaben lassen könnten. Ich höre noch lange Klausis Musik aus dem mobilen CD-Spieler. Wieder gibt es Chet Atkins.

 

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