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 Sehr nette und hilfreiche Menschen
Polen Unterwegs auf einer Allee. Ich konnte mich nicht satt sehen an diesen wunderschönen Straßen.

Stanziki 04.41 Uhr. Draußen dämmert es langsam und ich verspüre eine innere Unruhe. So, wie ich da halb wach in meinem warmen Bett liege, weiß ich nicht so recht, ob ich schon aufstehen soll. Ich habe heute eine lange Fahrt vor mir... wie ich vermute, eine Tortur. Die Erfahrungen der letzten Tage haben das gezeigt. Auch wenn man auf den Straßen Ost-Polens recht flott unterwegs ist, sind die zurückgelegten Distanzen nicht mit denen deutscher Autobahnen zu vergleichen. Aßserdem gibt es unterwegs immer wieder Gründe anzuhalten.

Ein Etappenziel habe ich heute eigentlich nicht. Irgendwo in der Nähe der ukrainischen Grenze werde ich wohl ein Plätzchen finden.

Um 05.00 Uhr mache ich mich auf den Weg. Ein wenig wehmütig verlasse ich Stanziki. Es gefällt mir hier sehr gut.

Ich habe die Zeit hier sehr genossen.  Auch die Menschen hier sind sehr freundlich. Schade, daß ich schon wieder weiter muß. Aber ich habe noch einen langen Weg vor mir.

Es geht der aufgehenden Sonne entgegen in Richtung Suwalki. Die Allee ist wie feuerdurchflutet.

Wenn ich in Deutschland unterwegs bin, dann fallen mir seit ein paar Jahren die vielen Windräder auf. Auch in Polen sieht man sie schon hin und wieder. Gestern habe ich gelesen, daß es starke Umweltschutzbemühungen gibt.

Auf den Wiesen grasen Rehe. Sie heben ihre Köpfe, und schauen meinem Auto hinterher. Auch ein paar Hasen hoppeln über die Straße. Ich fahre langsamer, bin gewarnt.

In einem Dorf bremse ich. Ein Hirte treibt seine Kühe über die Hauptstraße. Ein Kuhfladen dampft in der kalten Luft.

Ich bin gut aufgelegt. Noch eine ganze Weile denke ich über den gestrigen Tag nach. Ich habe viele nette Menschen kennengelernt, mit denen ich auf einer Wellenlänge bin. Ich glaube, ich würde ganz gut in dieses Land passen.

Die Kuhherde noch nicht ganz hinter mir, läuft mir ein Fuchs über den Weg. So nahe war ich diesen Tieren noch nie. Anscheinend ist er taub, hat mich nicht gehört. Nur wenige Meter vor ihm kommt mein Wagen zum stehen. Ich bin überrascht, wie schön das Tier ist. Einen Moment schaute er mich über seine Schulter blickend an. Funkelnde schwarze Augen, glänzendes orange-braunes Fell, und einen weiße Schwanzspitze. Dann verschwindet er in der Böschung.

Ich komme immer wieder ins Schmunzele darüber, wie gut sich mein SMART als Reisewagen macht. Schmunzeln deshalb, weil ich ja genau weiß, was die restliche Welt denkt. Nämlich, daß dies kein gutes Auto für lange Strecken sein kann.

Die Motorisierung genügt meinen Ansprüchen völlig. Mehr als 100 km/h wären hier ohnehin lebensmüde. Ich fliege nur so durch die Kurven. Hügel rauf und runter, links und rechts.

Ich würde immer wieder einen Diesel nehmen. Nicht nur wegen des Verbrauchs, sondern auch wegen der angenehmen Kraftentfaltung. Wenn der Motor erst einmal richtig heiß ist, schnurrt er wie eine gute Nähmaschine und spult die Kilometer spielend ab.

Ich weiß wovon ich rede, mein Arbeitsplatz liegt 196 km von meiner Wohnung entfernt. So kommen bei mir innerhalb eines Jahres einige Kilometer zusammen. Ich gönne meinem Wagen alle 8-10.000km einen Öl- und Filterwechsel. Und auch sonst wird er ausreichend gewartet. Ich bin gespannt, wie lange ich ihn fahren kann.

 

Polen.Stanziki. Ich stehe auf dem Land, das früher Herberts Vater gehört hat.  Früher stand hier der Hof, auf dem die Familie gewohnt hat.

In Suwalki herrscht heute morgen schon geschäftiges Treiben. Es ist 05.45 Uhr.

In den kleinen Dörfern regt sich das Leben. Kühe werden in den Höfen gemolken, Enten schnattern durch die Gegend. Frauen warten an der Bushaltestelle mit verschrenkten Armen. Es ist noch kalt. Nur 12°C heute morgen.

Die ca. 60 Kilometer nach Augustow fliege ich nur so dahin. Ich folge einem Lieferwagen, der es eilig hat. Die Straße ist in einem sehr guten Zustand. Weit und breit kein Verkehr.

Schade, daß ich keine Zeit für diese Stadt habe. Sie macht einen sehr hübschen Eindruck. Ein Kirchenneubau aus beigen Ziegeln macht auf sich aufmerksam. Ich habe hier schon viele neue oder im Bau befindliche Kirchen gesehen. In prächtigen Blumengärten stehen Villen. Es gibt Hotels und Restaurants, einen großen See, einen Hafen mit Segelbooten und Ausflugsdampfern.

Es geht entlang einer Pappelallee. Die hochgewachsenen Bäume filtern das grelle Sonnenlicht. Auch in Deutschland hat man mittlerweile erkannt, daß der natürliche Sonnenschutz der Bäume seine Vorzüge hat.

Ich wurde gewarnt. Es seien sehr viele LKW's unterwegs. Ich sehe keine. Das liegt sicherlich an der frühen Stunde. Tatsächlich! An einem Truckstop ist der Parkplatz voller LKW's. Ich gehe in das Restaurant und trinke eine Kaffee. Auf dem WC wimmelt es von Fernfahrern. Feinripp und Kulturtaschen dominieren das Bild. Zigarettenrauchend rasiert sich ein Trucker. Er hat sich nicht die Mühe gemacht, seinen Schlapphut abzunehmen.

Ein freundlicher junger Tankwart mit roten Bäckchen tankt bis zum Ansatz (Duchschnitt der letzten Fahrt 3,55 l / 100 km).

In den Städten sehe ich noch immer viele Plattenbauten. Wie sollte es auch anders sein. Die Menschen müssen ja irgendwo wohnen. Zum Teil wurden Häuser schon saniert. Dann gibt es Pastelltöne. Aber auch diese Bemühungen können nicht über die Häßlichkeit der Trabantenstädte hinwegtäuschen. Ein schlimmer Kontast zu den kleinen Bauernhäuschen der Dörfer. Die so gemütlich zwischen den Bäumen sitzen. Wie mag es sich in den Appartments leben? Und wie auf dem Land? Mit Ziehbrunnen und Gemüsegarten.

Von Augustow sind es ca. 100 km nach Bialistok. Die sehr gut ausgebaute Bundesstraße 8 (eine breite Allee) läßt eine hohe Durchschnittsgeschwindigkeit zu. Erlaubt sind hier übrigens 90 km/h und in den Ortschaften 60 km/h.

Man sieht des öfteren Polizei mit Radarpistolen, mich hat es aber noch nicht erwischt.

Bialistok empfängt mich mit einem Großaufgebot sozialistischer Einheitsarchitektur. Nicht endende Plattenbauten, Betonschornsteine nebst dazugehörigem Fabrikgelände und Qualm. Als wäre das nicht schon genug, so ist auch die Beschilderung verwirrend und unvollständig. So ,daß ich mich mehrmals verfahre, um die doch eigentlich große Straße nach Lublin zu finden. Auch ein freundlicher Tankwart weiß nicht so recht weiter. An den Straßen wird gebaut, es gibt viele Umleitungen.

Schliesslich hilft ein Lieferwagenfahrer. Er lotst mich kreuz und quer durch die Stadt und bringt mich schließlich auf die richtige Straße.

Wie ich so hinter ihm herfahre, achte ich auf die Passanten. Die Menschen gehen zur Arbeit. Mir fällt auf, wie gut und modern die Frauen gekleidet sind. Die Männer hingegen gehen äußerst leger mit ihrem Äußeren um. Kurze Hosen und Ballonseide scheinen salonfähig. So gesehen befinde ich mich in bester Gesellschaft!

Mir passiert immer wieder etwas Ulkiges in diesen Tagen. Die Sache mit den Zebrastreifen!

Die gibt es in Polen zuhauf und werden auch benutzt. Aber ich scheine der einzige Autofahrer zu sein, der Fußgängern den Vortritt läßt. Alle anderen fahren einfach weiter. So kommt es schon mal zu Hupkonzerten hinter mir, und ungläubigen Blicken der Passanten, die ihrem Glück nicht so recht trauen wollen. Beispielsweise konnte ich eben die Oma nicht überzeugen, die Straße zu überqueren. Sie bedeutete mir, doch erst weiter zu fahren, dann würde sie gehen.

Hinter der Stadt dann eine geeignete Raststätte. Eier mit Speck, Brot und Kaffee für ca. 2€. Gut gestärkt geht es an die nächsten 300 km. Ich bin überrascht wie viele Kilometer ich heute schon geschafft habe. Noch schnell die Fenster geputzt. Alle außer der Heckscheibe. Die ziert seit gestern ein per Finger aufgemaltes Herz! Ich bin sicher, das gilt nicht, mir sondern dem Wagen.

Die Parkplätze entlang der polnischen Fernstraßen bieten keinerlei Infrastruktur. Deshalb weiche ich auf die bewirtschafteten Tankstellen aus. Hier gibt es immer einen Kaffee und Proviant.

Ich zwinge mich während der Fahrt Wasser zu trinken. 3 Liter am Tag ist mein Pensum. Die dadurch entstehenden Zwangspausen lenken ein wenig vom Fahren ab.

Der Einfluß Weißrußlands und der Ukraine ist hier im Osten Polens schon spürbar. Vereinzelt sehe ich orthodoxe Kirchen. Es gibt fast nur noch Holzhäuser.

Nur gut, daß ich mich gestern an den Alleen satt gesehen habe. Heute sehe ich braun-graue Felder und Wiesen bis an den Horizont. Das erinnert ein wenig an den Norden der USA.

Die polnischen Innenstädte, speziell die Gegenden um den Rynek sind meist sehr gut in Schuß. Zum Teil wurden die Zentren kernsaniert.

In den Dörfern warten Milchkannen am Straßenrand auf den Transport.

Heute in 14 Tagen muß ich wieder zuhause sein. Ich bin erst ca. 2000 km gefahren. Ein Viertel der Strecke. Es ist an der Zeit, daß ich mir Gedanken mache, wie ich die nächsten 6000 km am besten bewältige. Ich beschließe, heute abend die Karten und einen Taschenrechener zur Hand zu nehmen, um ein mögliche Route auszuarbeiten.

Mit dem Planen ist das immer so eine Sache. Ich lege mich ungerne fest. Ich habe zwar das Ziel, nach Igouminetsa zu kommen, aber wer weiß? Das bedeutet einen Durchschnitt von etwa 500  km pro Tag. Ich weiß nicht ob ich mir das wirklich zumuten will. Auf gar keinen Fall möchte ich daß diese Fahrt zu einer Qual wird. Im Moment macht es großen Spaß zu fahren. Ich genieße den Wind um die Ohren, die gute Musik und die Landschaft. Ich bin gespannt wie das in zwei Wochen aussieht.

Ich komme auch weiter gut voran. Es ist 12.20 Uhr und ich habe den Ort Kock erreicht. Eigentlich wollte ich heute nacht hier bleiben, aber da es noch so früh ist, will ich weiter kommen.

Hier gibt es zwei Museen. Eines beschäftigt sich mit dem Sozialismus, das andere mit Kunst.

Sozialismus ist billiger im Eintritt, gewinnt so leicht die Wahl. Welch Wunder der Demokratie! Hier sind alle vereint. Marx, Engels, Mao und wer sonst noch so seinen Senf dazu geben mußte. Büsten, Gemälde, Fahnen und Tondokumente schaffen mich. Sehr geballt alles. Schnell wieder raus hier und in den Garten auf die Bank.

Weiter geht es. Nach ein paar Kilometern erreiche ich das Städtchen Lubartow. Wo ich eigentlich vorhatte, was zu essen, aber wie so oft... . Nein, im Ernst, ich fühlte mich in dieser Stadt nicht sicher. Hatte ein flaues Gefühl im Magen.

Stadteinwärts hielt ich am Straßenrand, um eine Gruppe Skinheads mit Bierdosen in der Hand nach dem Weg zu fragen. Sie waren viel zu verdattert, um dumme Sprüche zu bringen. Als ich nach einem Rundgang durch die Stadt aber wieder zum Parkplatz kam, standen sie -ein wenig nervös- um meinen Wagen herum.

Die Sache mit dem Gefühl der Gefahr verwundert mich immer wieder. War ich vor kurzem in Lubartow noch besorgt, so geht es mir schlagartig besser, als ich die Stadt verlasse, und ich bin sehr zuversichtlich was der restliche Tag noch bringen mag.

Ah, endlich wieder dieses Gefühl innerer Zufriedenheit. Mir ist erst im nachhinein aufgefallen, daß ich heute nicht gut aufgelegt war. Hat vielleicht tatsächlich irgendein Bösewicht auf mich gewartet?

Wenn ich auch auf Reisen meiner Intuition vertraue, so fällt mir das im Arbeitsalltag oft schwer.

So bin ich also wieder einmal unterwegs, ohne in der Stadt zu speisen. Erst an einer Tankstelle weit außerhalb halte ich wieder. Hier bekomme ich alles, was ich will. Eine Europakarte, Mineralwasser außerdem habe ich gegessen.

Die Kellnerinnen schauen immer ganz verdutzt, wenn ich etwas polnisches bestelle. Sind sie es gewöhnt, daß Westeuropäer Cappucino trinken und Salat mit Büffelkäse essen?

Ich tanke noch fix. Ich versteh' nicht so ganz... habe die Wahl zwischen normalem Diesel und einer preisgünstigeren Variante aus großen Plastikcontainern... Erst später erfahre ich, daß die „abgepackte Sorte“ ukrainischer Diesel ist, den man hier an der Grenze viel preiswerter als den polnischen kaufen kann.

Weiter geht es Richtung Grenze. Ich rechne mit einer Wartezeit zwischen 4 und 8 Stunden. Die östlichsten Dörfer Polens sind eine angenehme Überraschung. Ganz entgegen der sonst üblichen Grenztristess geht es bunt zu.

Zeit für ein Resumee. Polen ist für mich das ideale europäische Reiseland. Fantastisch in vielerlei Hinsicht. Die letzten vier Tage kosteten 150€. Das in den letzten Tagen Erlebte wird noch einige Zeit brauchen, vor dem es in mein Innerstes einsickert.

Ich bin ein wenig aufgeregt. Komisch, das kenne ich gar nicht von mir. Reisen ist zu einer Routine geworden. Aber heute will ich auf das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, das ist etwas besonderes.

 

Polen. Stanziki. Ein kleiner Hund an der Botzna schliesst Freundschaft mit mir.

Die Grenze naht. Alles ein wenig anders als gewohnt. Ich als verwöhnter Westeuropäer wunder mich ein wenig, weil ein liegen gebliebenes Auto den Grenzverkehr in beide Richtungen aufhält. Von rechts und links versuchen Fahrer zu drängeln! Ich bin ein gutes Opfer, kenne mich nicht aus. Eine halbe Stunde geht nichts mehr.

Jetzt, da ich die Uhr eine Stunde vorstellen muß (die Ukraine liegt eine Stunde vor unserer Zeit), bin ich ein wenig in Sorge, ob ich heute noch ein Quartier finden werde. Aber auch das wird schon irgendwie klappen. Alles kommt so, wie es soll!

Nicht, daß es schneller gehen würde, wenn der Wagen nicht liegengeblieben wäre. Ich sehe in etwa 500 Metern Entfernung das polnische Grenzhäuschen. Ich übe mich im Warten.

Endlich, nach einer Stunde, erbarmt sich ein polnischer Grenzbeamte und bringt Ordnung. Langsam geht es weiter.

Ein Uniformierter kommt zu mir an den Wagen. Er versucht, mir eine „Umweltabgabe“ zu verkaufen. Darüber steht nichts in meinen Unterlagen. Ich stelle mich dumm, verstehe ihn nicht. Nach ein paar Minuten gibt er auf und geht, ich werde trotzdem durchgewunken.

17.22 Uhr, den polnischen Zoll habe ich nun hinter mir gelassen. Wenngleich auch der letzte Kontrolleur (es waren vier auf polnischer Seite) ein wenig besorgt drein schaute.  Sein Blick ging zu meinem Auto, dann in Richtung Ukraine, und dann schüttelte er den Kopf! Was das wohl bedeuten sollte.

Seit einer halben Stunde sitze ich nun im Niemandsland fest. Keine Ahnung wieso, aber alle anderen machen einen zuversichtlichen Eindruck. So will ich mir nichts anmerken lassen und veranstalte ein kleines Picknick neben meinem Wagen.

Aber jetzt kann ich die Ukraine wenigstens schon sehen. Der erste Eindruck ist gut. Die Grenzgebäude machen einen ordentlichen Eindruck und die Straße auch. Nur die Fahrzeuge mit ukrainischem Kennzeichen, würden es in Deutschland wohl nicht mehr durch den TÜV schaffen. Das erinnert mich ein wenig an Polen vor 12 Jahren.

Wie ich so da sitze und einen Apfel esse, bekomme ich Live-Entertainment. Auf der entgegenkommenden Spur wurde ein Lieferwagenfahrer beim Zigarettenschmuggeln erwischt. Er gibt sich größte Mühe, seine Unschuld zu beteuern.

Jetzt komme ich auf einmal 20 Meter weiter, dann steht wieder mal alles. Ein junger Mann gesellt sich zu mir. Pawel versucht auf ukrainisch ein Gespräch. Ich entgegne ihm auf Englisch... nach kurzer Zeit klappt die Kommunikation. Er versteht mich gut und kann sich in gebrochenem Englisch mitteilen.

In den nächsten 1 ½ Stunden bringe ich so einiges über ihn in Erfahrung.

Die Grenzpolizei auf ukrainischer Seite hat einen Schichtwechsel. Soll heißen, eine Stunde geht gar nichts mehr. Niemand wird abgefertigt. Gut so, denn ich habe nun Gelegenheit, mit Pawel intensiver zu sprechen.

Er kommt zu mir an den Wagen und wir reden. Er ist 25 Jahre alt,  verheiratet und selbstständig. Er hat einen Lebensmittelkiosk in der Stadt Terespol. Seine Frau arbeitet in einer Bank.

Nebenher verkauft er noch Flugreisen ab Warschau, und fährt Passagiere mit seinen Lada dort hin. Die Flüge seien wesentlich billiger in Polen als in der Ukraine.

Wir finden schnell Vertrauen zu einander, und schaffen es innerhalb kürzester Zeit die Lebensgeschichte des anderen in Erfahrung zu bringen, und er gibt mir wertvolle Tipps für die  Reise, von der er fasziniert ist. Nun mischen sich auch andere Passanten in unser Gespräch ein. Pawel übersetzt.

Da ich die Frage nach einem Quartier für die Nacht verneine, erklärt er sich bereit, mich zum nächsten Motel in Lvov zu bringen, wo ich auch einen sicheren Parkplatz haben würde. Dann sind die Grenzer auf einmal wieder da.

Pawel braucht nur 5 Minuten, bei mir dauert das länger. Die Grenzbeamte wissen nicht so recht, was sie mit mir anfangen sollen. Sie finden im Computer nicht die Marke meines Autos. SMART kennen sie nicht, und mit Mercedes geben sie sich nicht zufrieden. Ich muß deklarieren, daß ich den Wagen wieder ausführe und nicht verkaufe. Das mache ich gerne!

Nun werde ich von einem Beamten zum nächsten gereicht. Endlich findet sich einer, der zuständig ist. Nach dem der Papierkram erledigt ist, lässt er es sich nicht nehmen, das Auto persönlich zu inspizieren. Erst nach ca. 20 Minuten verabschiedet er sich von mir mit Handschlag.

So habe ich die Grenze nach vier Stunden passiert.

Pawel hilft mir beim Geldwechsel, und dann geht es in zügiger Fahrt in die Nacht. Nach 40 Minuten und drei Beihnaheunfälle später lande ich im Motel.

1.Ein Schlagloch konnte ich gerade noch rechtzeitig erkennen und ausweichen. Es hatte wohl die    Größe von vier Bierkisten.

2.Wenige Minuten später läuft ein schwarzes Fohlen zwischen unseren Autos her. Nur eine Vollbremsung kann das Schlimmste verhindern.

3.Zu guter letzt war da noch ein unbeleuchtetes Pferdefuhrwerk auf der Straße. Quasi ein stehendes Hinderniß.

Nachts fahre ich nur noch, wenn es unbedingt notwendig ist! Leider hatte ich keine Zeit, um die Landschaft in der Abenddämmerung zu betrachten. Was ich allerdings bemerkte, war die Dunkelheit. Keine Straßenbeleuchtung, und auch die Bewohner der Dörfer scheinen am Strom zu sparen. Die Nacht ist pechschwarz.

Nach einem kurzen Tankzwischenstop (Diesel kostet ca. 0,30€) erreichten wir das Motel an einer Ringstraße um Lvov. Hier tauschen wir noch Telefonnummern und Adressen aus. Ich habe vor, Pawel morgen in Ternopol zu besuchen.

Mein Motel  ist fast neu. Es gibt sieben Zimmer und ein Restaurant. Mit 35€ pro Nacht ist es sehr teuer. Aber ich kann meinen Wagen unterstellen. Der Wächter hat zwar eine Alkoholfahne, aber sein Hund scheint nüchtern zu sein. Aber ich habe keine große Auswahl und kann froh sein, daß ich jemanden gefunden habe, der sich meiner annimmt.

Ich finde es immer wieder interessant, aus welchen Richtungen Hilfe kommt.

Eigentlich wollte ich heute Abend noch die Karten studieren, um einen Zeitplan für die Weiterreise zu erstellen, aber ich bin zu müde. Um 22.50 Uhr bin ich so geschafft,  daß ich nur noch ein Bier und ein Bett sehen möchte.

Es sind Begegnungen wie die heutige, die Reisen erst zu einem Erlebnis machen. Wichtig sind die Menschen, nicht die Länder. Was suchen wohl all die Pauschaltouristen, durch die ich mein Geld verdiene?

Osteuropa 2002 (58) Holzhaus Polen

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